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Hörminderungen beeinträchtigen die Gedächtnisleistung
Gutes Hören fördert die geistige Fitness. Das trifft auch für Nutzer von Hörgeräten zu, die in Bezug auf ihre Gedächtnisleistungen den Normalhörenden in nichts nachstehen. Umgekehrt zählen Hörminderungen zu den häufigsten Risikofaktoren für Demenzerkrankungen.
Hörsinn und kognitive Fähigkeiten beeinflussen sich unmittelbar. Das wird schon beim Auftreten leichter Hörminderungen deutlich, so das Ergebnis einer Studie der Columbia University1. Ausgewertet wurden entsprechende Testergebnisse von 6.451 Personen über 50 Jahren, darunter erstmals auch Menschen mit Hörverlusten unterhalb der Schwerhörigkeitsschwelle von 25 dB, also jene Gruppe, die nach der WHO-Klassifizierung noch nicht als schwerhörig gilt.
Einen „Weckruf“ nennt der renommierte Hörforscher Frank Lin von der Johns Hopkins University in Baltimore2 die Ergebnisse im Zusammenhang mit einer Veröffentlichung im Medizinjournal „The Lancet“, nach der Hörminderungen zu den häufigsten Risikofaktoren für alle Arten von Demenzerkrankungen zählen.
Lin selbst hatte schon einige Jahre zuvor mit einem Forscherteam nachgewiesen, dass hörgeminderte ältere Menschen ohne Hörgeräteversorgung ein um 24 Prozent höheres Risiko für kognitive Beeinträchtigungen haben. Ähnliche Ergebnisse dokumentierte auch die renommierte Altersforscherin Prof. Hélène Amieva von der Universität Bordeaux3. Sie verglich in einer Langzeitstudie über 25 Jahre lang zwei Teilnehmergruppen: Ältere Schwerhörige, die Hörgeräte tragen, und solche, die dies nicht tun. Dabei bauten die Personen mit unversorgtem Hörverlust geistig wesentlich schneller ab als Hörgeräteträger, die sich in ihren Denkleistungen nicht von Normalhörenden unterschieden.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Rückgang der kognitiven Fähigkeiten durch die rechtzeitige Versorgung mit Hörgeräten gemindert werden kann. Zwar sei noch unklar, wie Hörminderungen auf lange Sicht die Gehirnstrukturen und -funktionen beeinflussen. Bildgebende Verfahren zeigen aber in den entsprechenden Bereichen des Gehirns ausgeprägte Überlastungen, wenn Probanden sich auf Gehörtes konzentrieren, das durch Störgeräusche oder vorliegende Hörminderungen beeinträchtigt ist. Die Betroffenen gehen außerdem dazu über, solche anstrengenden Hörsituationen zu meiden. Dadurch kommt es zu fortschreitender Unterforderung des Hörzentrums und einer Beschleunigung des Abbaus von Hirnstrukturen und -vernetzungen.
Die Hörakustik und die Versorgung mit Hörgeräten gewinnt damit auch für andere Bereiche der Gesundheit an Bedeutung. Immer mehr Menschen beginnen zwar, den Wert des guten Hörens für sich zu erkennen, die weitreichenden Auswirkungen bei der Prävention von Demenzerkrankungen und dem Erhalt der geistigen Fitness werden aber immer noch unterschätzt. Darüber hinaus legen die aktuellen Studienergebnisse nahe, auch die Behandlung von Hörminderungen unterhalb der 40 dB (mittelgradige Schwerhörigkeit mit Anspruch auf Hörgeräteversorgung) in Betracht zu ziehen und durch die verstärkte Schonung und Bewahrung des gesunden Gehörs einen Beitrag zur Demenzprävention zu leisten.
Für Justin Golub, den Leiter der aktuellen Studie, ändert sich durch die neuen Erkenntnisse auch der Blickwinkel auf gutes Hören und Schwerhörigkeit: „Erkläre einem Menschen, dass er durch laute Musik später schwerhörig sein wird mit stark erhöhtem Demenzrisiko – es interessiert ihn kaum. Wenn du aber sagst, hören ist gut für dein Gehirn, sieh’ zu, dass du immer gut hörst, umso fitter bist und bleibst du – dann dürfte es nachhaltig wirken.“
Quellen:
1) Golub, Justin S et al: Association of Subclinical Hearing Loss With Cognitive Performance. JAMA otolaryngology– head & neck surgery, 10.1001/jamaoto.2019.3375. 14 Nov. 2019, doi:10.1001/jamaoto.2019.3375.
2) Lin, Frank et al: Hearing Loss and Cognitive Decline in Older Adults (JAMA Intern Med. 2013 Feb 25;173(4):293-9)
3) Amieva, Hélène et al: Self-Reported Hearing Loss, Hearing Aids, and Cognitive Decline in Elderly Adults: A 25-year Study (Journal of the Americ. Geriatr. Soc. 2015 Oct; 63(10):2099-104)
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